Mittwoch, 15. April 2009

Ein Märchen von Heike Behr

Es war einmal ein Mädchen, das ging jeden Tag im Wald spazieren. Sie erfreute sich an den Blumen, den Bäumen und den Tieren, die sie sah und war sehr glücklich. Eines Tages traf sie einen Mann und sie erkannte nicht, dass er ein Räuber war. So vertraute sie ihm und folgte ihm zu der Blumenwiese, wo er sie hinführen wollte. Als sie weit genug im Wald waren raubte er sie aus. Dabei stürzte sie und verletzte sich so sehr, dass die Wunden sehr tief waren. Die Narben, die daraus entstanden, waren ebenfalls sehr tief.

Ab da an verabscheute sie Waldspaziergänge, Blumenwiesen und Männer. Sie blickte nur noch aus der Ferne auf den Wald und war sehr unglücklich. Eines Tages war das alles ganz normal – sie erinnerte sich nicht mehr und ging inzwischen wieder in Wälder. Doch das alles machte sie nicht mehr glücklich – weder der Wald, noch Blumenwiesen oder Beziehungen.

Da traf das Mädchen, die inzwischen Erwachsen war, eine alte weise Frau. Die alte Frau sah, dass sie oft sehr traurig ist und lud sie zu sich ein. Dort half sie ihr aus der Jacke, unter der die Narben sichtbar wurden. Als die alte Frau fragte, woher die Narben stammen, erinnerte sie sich an den Raub. Die Frau sprach eine ganze Weile mit ihr und nach und nach erinnerte sie sich auch daran, dass sie immer sehr glücklich war im Wald. Die Erinnerung an dieses Gefühl erfüllte ihr Herz und dieses Gefühl kam nun immer häufiger und immer intensiver zurück in ihr Leben. Bald darauf traf sie einen liebevollen Mann, den sie liebte und der sie liebte. Und da ihr Herz wieder ganz offen war, konnte sie seine Liebe dankbar annehmen. Auch wusste sie, dass er ihre Narben niemals absichtlich verletzte.

(Anmerkung: Es war auch einmal ein Junge, der…)

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